Erstellt von Nadine Vogelsberg

Mit den Steylern durch den Advent

Adventsgeschichten
Adventsgeschichten

In vielen Ländern gibt es unterschiedliche Advents- und Weihnachtstraditionen. Hier berichten Steyler Missionare davon. | Foto: shutterstock

Steyler Missionare und Missionsschwestern gibt es in einer Vielzahl von Ländern - und überall wird Advent und Weihnachten ein bisschen anders gefeiert. Wir erzählen davon:

Steyl

Das Jesuskind des heiligen Arnold Janssen

In Steyl gibt es ein Jesuskind, das noch von unserem Gründer, dem heiligen Arnold Janssen, stammt. Es handelt sich um eine in Seide gewickelte etwa 50 cm große Wachsfigur. Im Alpenraum sagt man Fatschenkind dazu. Dieses Jesuskind wurde zu Zeiten Arnold Janssens jedes Jahr in der Weihnachtsnacht auf einer Trage durch das  Missionshaus St. Michael in die Kirche gebracht. Es ist überliefert, dass es die jüngsten Ministranten waren, denen die Trage bei dieser feierlichen Prozession anvertraut wurde.  Alle Gänge des Hauses mussten zu diesem Anlass festlich geschmückt sein. Als die Prozession in der Kirche ankam, nahm Arnold Janssen das Jesuskind von der Trage in seine Arme und legte es anschließend in die Krippe. Lange kniete der Heilige vor dieser Darstellung des menschgewordenen Göttlichen Wortes.

Auch heute noch tragen wir jedes Jahr an Heilig Abend das Jesuskind von Arnold Janssen mit einer Prosession von der Aula in die Unterkirche. Begleitet von den Hausbewohnern und vielen Gottesdienstteilnehmern von nah und fern zieht das Jesuskind wie eh und je auf seinem Weg durch das Haus. Getragen wird es heute aber nicht mehr von den kleinen Ministranten. Es ist ein Gast, der die Ehre bekommt, den kleinen Jesus  in den Armen zu halten und ihn im Schein der vielen Kerzen in die Kirche zu tragen.

Roland Scheid SVD, Steyl

Vatikanstadt

Die Pilger und Touristen bleiben dieses Jahr aus, aber die traditionelle Krippe steht doch auf dem Petersplatz in Rom. „Jetzt erst recht“, meint der Papst, denn: „Das Weihnachtslicht kann durch keine Pandemie ausgelöscht werden!“ Das bezeugen Lichter am 28 Meter hohen Weihnachtsbaum, dieses Jahr gestiftet von der südslowenischen Gemeinde Kocevje.

Die überlebensgroßen Keramikfiguren der Krippe sind Leihgabe einer italienischen Kunstschule. Kunst, so Papst Franziskus, bringt Licht in eine in Dunkelheit gehüllte Welt, indem sie die Schönheit und Güte alles Geschaffenen offenlegt. Künstlerische Kreativität ist ein göttlicher Funke.

Die Welt hofft auf den Covid-Impfstoff. Aber auch die Seele braucht den „Impfstoff Hoffnung“ gegen so viele Dunkelheiten. Hoffnung ist nicht dasselbe wie Optimismus. Während der Optimismus (vielleicht etwas vollmundig) tönt: „Es wird schon alles gut gehen“, flüstert die Hoffnung: „Wie auch immer es geht, Gottes Name ist Emmanuel: Gott-mit-uns...“

Mexiko

Typisch für ganz Mexico sind im Dezember die traditionellen „Herbergssuchen“, Posadas genannt. Dabei geht eine Gruppe, die sich um Maria- und Josef-Darsteller versammelt, von Haus zu Haus, klopft bei den Türen an und bittet um Einlass. Die Szenische Darstellung beginnt mit dem deutlichen Anklopfen an der Haustür und wird mit dem Singen des Herbergslied erwidert. Es entspricht dem hierzulande bekannten „Wer klopfet an?...“. Darauf Antworten Maria, Josef und ihre Gefolgschaft und im Wechselweisen Frage und Antwort-Gesang wird die verzweifelte Lage des Paares Strophe für Strophe ausgespielt. Meist sind Maria und Josef mit Umhängen und Stock bekleidet und der Gesang wird von einer Gitarre begleitet. Wenn die „Wirtsleute“ sie dann endliche einlassen bricht die Gruppe in Freude aus. Aus vollen Kehlen werden die stimmungsvollsten Weihnachtslieder geträllert. Denn jetzt wartet nicht nur auf Maria und Josef ein traditionelles Essen im Haus. Zumeist gibt es Tamales, eine Art Polenta in Bananenblättern, mit Hühnchen oder auch Süßer Füllung. Zum Trinken gibts Punsch mit den Früchten der Region und Zuckerrohrhölzchen oder ein süßes, flüssiges Tortillagetränk. Je nach Familie kann sich noch ein Glaubensgespräch entwickeln oder auch eine Pinata zerschlagen werden.

Dabei wird reihum mit verbundenen Augen auf einen mit Süßigkeiten gefüllten Kartonstern eingeschlagen, bis dieser aufreißt und sich die Zuckerln, zur Freude aller, über den Boden verstreuen auf die sich die kleinen und großen Kinder hemmungslos stürzen. Die Pinata hat in der um Anschauung bemühten Katechese der europäischen Missionare ihren Ursprung. Aus Ton ließen sie Sterne mit 7 Zacken anfertigen, die für die sieben Todsünden standen und Gegenstand der Predigten der sechswöchigen weihnachtlichen Fastenzeit waren. Traditionell waren die Pinatas mit Mandarinen, Erdnüssen und Zuckerrohr gefüllt.

Besonders ergriffen war ich von der Posada im Migrantenhaus Casa Betania Santa Martha, wo ich mitarbeitete. Denn auch wir planten täglich eine Posadas von Haus zu Haus, mit dem entscheidenden Detail, dass unsere Gruppe, bestehend aus den Geflüchteten und Migranten unseres Hauses tatsächlich Herbergssuchende waren. Besonders nahe ging mir das „Nachstellen“ der Herbergssuche als ein Junges Paar aus Honduras, sie war im letzten Monat schwanger Maria und Josef darstellten. Realität, Spiel und Biblische Geschichte überlagerten sich. Jede Predigt war überflüssig. Das Leben sprach für sich. Wie taten, was wir feierten. Wir begleiteten ‚Maria in ihrer nicht so einfachen Schwangerschaft und sie gebar ihre Tochter.

Emanuel Huemer SVD, Mexiko

Bolivien

Weihnachten ist in Deutschland eher ein besinnliches, ruhiges Fest, ein Fest der Familie.

Es ist schon über 20 Jahre her, dass ich 7 Jahre in Bolivien lebte. Eine völlig andere Kultur und das bekam ich besonders Weihnachten zu spüren. Die ersten zwei Weihnachtsfeste waren für mich eher schwer. 

In Bolivien, ich lebte im Altiplano, wurde am Geburtstag Jesu viel musiziert und vor allem getanzt. Am 24. Dezember gab es für Jesus ein Fest und da war jeder fröhlich. Weniger Besinnung und mehr Tanz. Heute fehlt mir schon mal an Weihnachten der Tanz aus Bolivien. Denn es sind eigene Melodien und Rhythmen. Auch wenn meine Zeit in Bolivien schon lange zurück liegt, an Weihnachten klingt in meinem Herzen doch immer wieder eine Melodie von dort auf. 

El ninito, ojos de estrella, esta durmiendo sobre el Ichu (pasto andino) / 2x
Mis perritos estan llorando, mis vaquitas estan tristes.
Yo solita estoy yendo a verle. / 2x / 2x

Ay, ven ayudame! Ay, que amanezca! / 2x / 2x
Lleguemos contentos, alegres compartiendo penas y alegrias. / 2x / 2x

Esta noche caminaremos por cerros oscuros.
Llvando a un „Jose bonito“ . Llevando a un „Jose bonito“.
Contentos vamos a ir. / alles 2x
( Kindergruppe der Region Espinar von Cusco , Peru, Ist gleich der Andenregion in Bolivien – Aymaras.)

Ein Kind mit strahlenden Augen,
schläft auf dem Stroh in den Anden.
Meine Hunde weinen, meine Kühe sind traurig.
Ich bin allein unterwegs es (das Kind) zu sehen.

Ja, komm hilf mir! Oh lass es dämmern!
Lass uns glücklich dorthin kommen, Sorgen und Freuden teilen.

Heute Abend werden wir über dunkle Hügel wandern.
Mit uns tragend einen „einen netten Josef“. Mit uns tragend „einen netten Josef“.
Glücklich gehen wir von dort wieder zurück.

Ja, komm hilf mir! Oh lass es dämmern!
Lass uns glücklich dorthin kommen, Sorgen und Freuden teilen.
(Übersetzung: Sr. Bernadette)

Brasilien

Erste Erinnerung

Heiliger Abend 1987, Barra Mansa, Bundestaar Rio de Janeiro. Ich war als junger Missionar gerade mal zweieinhalb Monate in Brasilien und sollte die Christmette in zwei Basisgemeinden feiern. Ein älterer Herr brachte mich mit seinem klapprigen VW-Käfer in die erste Stadtrandgemeinde. Bei der Messe las ich angestrengt und in schlechtem Portugiesisch meine Predigt vom Zettel. Der Inhalt, kurz zusammengefasst: Gott wird Mensch. Er nimmt Menschennatur an, und so sind wir Menschen erlöst, weil wir für immer bei Gott angekommen sind. 

Auf der Fahrt zur zweiten Gemeinde, während wir bei fast 40 Grad Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit in Schweiß gebadet sind, sagt mein Chauffeur: „Interessant, das mit der Menschennatur… Ich frage mich zu Weihnachten immer, warum Gott das nicht besser organisiert hat.“ – „Wie meinst du das?“ frage ich zurück. „Mir kommt das so eigenartig vor.“ meint er. „Da geschieht das Wichtigste in der ganzen Heilsgeschichte, und dann ist alles so schlecht organisiert. Stell dir vor, was da alles hätte daneben gehen können!“ Ich verstand noch immer nicht wirklich, was er meinte. Da fuhr er fort: „Warum war gerade zur Zeit der Geburt Jesu die Volkszählung? Es gab keine Herberge für sie. Dass Gott das nicht besser organisiert hatte! Und dann die Geburt im Stall. Keine Hygiene! Was da alles hätte passieren können! Sterben hätten sie beide können, die Mutter und das Kind!“ Ich war sehr betroffen und sagte zu dem Mann: „Vielleicht will Gott uns so zeigen, dass er gerade dann bei uns ist, wenn es nicht perfekt ist in unserem Leben.“ Der Mann nickte. 

Bei der nächsten Mette hielt ich meine Predigt nicht. Ich lud meinen Chauffeur ein, der Gemeinde zu erzählen, woran er immer denken muss zu Weihnachten. Ich denke bis heute daran.

 

Zweiter Erinnerung

In einer Basisgemeinde in Bahia stellten die Leute in der Kapelle eine Weihnachtskrippe auf. Eine Hütte mit Strohdach gab es, und eine üppige Vegetation mit kleinen Palmzweigen, Gräsern und Blumen. Vor die Hütte kamen einfache Lehmfiguren des Jesuskindes, von Josef und Maria. Weil es keine weiteren Krippenfiguren gab, landete alles mögliche um sie herum. Plastikfiguren von Comic-Helden gab es, und irgendwelche Tiere, was sie eben auftreiben konnten. Lachen musste ich über eine kleine Klo-Muschel aus Plastik, die neben die Hütte gestellt wurde. „Warum stellt ihr die hier auf?“, fragte ich. Ein Frau sagte: „Wir haben kein WC. Aber die Heilige Familie soll eines haben!“

Franz Helm SVD, Brasilien

Australien

Weihnachten in Australien ist wundervoll - aber vor allem ist es heiß.

Aufgrund der Lage Australiens in der südlichen Hemisphäre feiern wir Weihnachten natürlich mitten im Sommer. Es gibt hier keine Schlittenfahrten oder Schneemänner. Wenn sich Familien, Gemeinden und Ordensgruppen zum Weihnachtsessen zusammenkommen, suchen wir uns vielmehr einen kühlen, klimatisierten Raum und hoffen auf einen Swimmingpool oder ein Bad am Strand.

In den vergangenen Jahren habe ich im Provinz-Hauptquartier der Steyler Missionare in Sidney gelebt, wo eine meiner Aufgaben darin bestand, einer der Gastgeber des jährlichen multikulturellen Weihnachtsliedersingens im Kerzenschein war. Es ist eine wunderbare Feier, bei der Menschen mit unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen zusammenkommen und Weihnachtslieder aus ihrer Heimat singen. Normalerweise machen wir das draußen unter den Sternen einer warmen Sommernacht in der Woche vor Weihnachten. Zum Schluss singt jeder „Stille Nacht“ in seiner Muttersprache - es ist eine wunderbare Repräsentation der multikulturellen Gesellschaft Australiens und der Engagements der SVD für die Seelsorge aller Ethnien. Leider wird es dieses Jahr aufgrund der COVID-Situation, die das gemeinschaftliche Singen eingeschränkt hat, nicht stattfinden.

Dieses Jahr werde ich Weihnachten in Zentral-Australien feiern. Ich bin an die Pfarre St. Teresa im Outback berufen worden. In St. Teresa leben viele australische Ureinwohner und in den vergangenen Jahren ist sie vor allem für ihre Weihnachtsbeleuchtung bekannt geworden, die auch die Medien als „Australiens entlegenste Weihnachtsbeleuchtung“ gelobt wurde. Wir feiern die Weihnachtsmesse in der einfachen, aber schönen Kirche vor der roten Wüste und werden dafür danken, dass wir nach diesem schwierigen Jahr voller Isolation und Trennungen durch Covid 19, nun langsam wieder zusammenfinden können. Wir werden für jene beten, die immer noch unter dem Virus leiden. Und vor allem werden wir hier in der Wüste für das größte Geschenk zu Weihnachten danken: Für Jesus, den Friedensfürsten.

Elmer Ibarra SVD, Australien

Indien

Indien ist  ja sehr groß, Weihnachten wird daher in den verschiedenen Regionen unterschiedlich gefeiert. Im Mittelpunkt steht jedoch immer die Geburt Jesu.

In der Adventszeit ziehen Kinder und Erwachsene, ähnlich wie hier die Sternsinger, von Haus zu Haus, singen Weihnachtslieder und sammle Geld für die Gemeinde. In jedem Haus leuchtet ein Weihnachtsstern, auch bei hinduistischen Familien. Die Symbolik von Weihnachten ist den Menschen vertraut, weil sie im November ebenfalls ein Lichterfest, Diwali, feiern. Dazu laden hinduistische Familien ihre christlichen Nachbarn ein, zu Weihnachten christliche Familien ihre hinduistischen Nachbarn. Es ist ein gutes Miteinander und überall ist alles aufs Schönste hergerichtet. Schon Tage vor den Festlichkeiten werden die Häuser frisch gestrichen und von oben bis unten geputzt. Den klassischen Christbaum kennt man hier mittlerweile auch, aber er ist meistens aus Plastik. Wir lassen lieber unsere Phantasie spielen und schmücken heimische Bäume und Zweige mit Lichterketten und Sternen. Ohnehin ist nicht der Baum, sondern die Krippe das allerwichtigste zu Weihnachten. Bei der Gestaltung machen auch die Kinder voller Begeisterung mit. Dabei wird immer ein bestimmtes Thema aufgegriffen. In diesem Jahr wird sicher die Pandemie in irgendeiner Form dargestellt. Wie würde Jesus unsere Ohnmacht sehen? Was würde er uns sagen, angesichts von Hunderttausende von Kleinbauern, die ihre Arbeit verloren haben und sich völlig mittellos auf den weiten Weg vom Süden in der Norden machen mussten?  Die Weihnachtsgeschichte erzählt ja sehr eindrucksvoll von Vertreibung, Flucht, Heimatlosigkeit.

Vor allem aber ist Weihnachten natürlich ein Fest der Freude. Große Geschenke sind hier allerdings nicht üblich. Als Kinder bekamen wir ein neues Hemd oder Kleid, auf das man natürlich stolz war, aber schon damals spürten wir, dass es nicht um neue Sachen geht, sondern um Austausch, Beziehung, Zusammengehörigkeit. Und vor allem um die Liebe zu Gott und den Menschen.

Joseph Xavier Alangaram SVD , Indien

Rumänien

Im zum größten Teil christlich-orthodoxen Rumänien ist in den sechs Wochen vor Weihnachten Fastenzeit. Das bedeutet vegane Ernährung: Es wird nicht nur auf Fleisch verzichtet, sondern auch auf Fisch, Eier und Milchprodukte. Traditionell werden dann mehr Bohnen, Erbsen, Walnüssen, verschiedene Gemüsearten und Pilze gegessen. In den Dörfern wird pro Familie ein Schwein geschlachtet und alles gut für das Weihnachtsfest vorbereitet.

Die Kinder und Jugendlichen üben Weihnachtslieder, die dann traditionell am 23. Dezember in Gruppen von Tür zu Tür gehen und singen. Die singenden Kinder werden „Colindatori“ genannt. Manchmal tragen sie dabei Trachtenkleidung aus weißen Hemden und Schafwollwesten.

Viele der Lieder sind sehr alt und haben melancholische Melodien, die sehr zu Herzen gehen, und mich auch manchmal zum weinen gebracht haben.

In den Liedern wird in sehr alter Sprache oft von strahlend weißen Apfelblüten erzählt. Das sind sehr alte Symbole aus der vorchristlichen Zeit, die auf die Fruchtbarkeit hinweisen. Die Tradition vom Barbarazweig kommt auch daher.

Dieses Umherziehen der Gruppen von Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, ist so etwas wie bei uns die Sternsinger. Die Kinder bekommen Süßigkeiten und auch Geld. Die Jugendgruppen aus den Pfarreien sammeln das Geld für ihre Aktivitäten in den Gruppen.

An Weihnachten in Rumänien sind Weihnachtsplätzchen nicht gebräuchlich. Es werden nach der langen sechswöchigen veganen Fastenzeiten sehr schmackhafte Hefezöpfe gebacken. Die werden mit viel Butter und Eiern zubereitet sowie mit einer köstlichen Walnussfüllung verfeinert.

Das Festessen an den Feiertagen ist natürlich sehr üppig und ein wichtiger Bestandteil sind die beliebten Sarmale. Das sind kleine Sauerkrautwickel.

Lioba Brand SSpS, Rumänien

Benin

„Neuvaine de Noel“ (Novene in Vorbereitung auf das Weihnachtsfest) im Norden von Bénin

Vor mittlerweile 10 Jahren habe ich ein Jahr als „Missionarin auf Zeit“ (MaZ) mit den Steyler Missionsschwestern im Norden von Benin verbracht. Unsere Pfarre hieß Sonaholou und ich habe in der Pfarrpastoral mitgearbeitet. Die Pfarre hatte mehrere Außenstationen, die neben den Priestern auch von Schwestern und Katechet*innen betreut wurden.

9 Tage vor Weihnachten begannen wir mit der sogenannten Neuvaine de Noel. Wir haben eine Marienstatue mitgetragen und uns mit einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen auf den Weg gemacht. Von Gesängen und Tänzen begleitet trugen wir die Statue zu einem vorher bestimmten Haus im Pfarrgebiet. Der Weg dorthin sollte die Herbergssuche von Maria und Josef nachempfinden. Nachdem die Statue der Gottesmutter in dem Haus Einlass gefunden hatte, wurde sie auf einem Tischchen platziert und wir haben gemeinsam gebetet und gesungen. Der sehr wichtige Abschluss dieses Brauchtums war ein gemeinsames reichhaltiges Essen in Dankbarkeit und Vorfreude auf das kommenden Fest.

Diese erfolgreiche Herbergssuche, offene Türen und Herzen wünsche ich mir auch heute für alle Menschen, die nach Europa kommen und hier Zuflucht und Obdach suchen.

Christina Blätterbinder SSpS, Benin

Philippinen

„Simbang Gabi“

Die Philippinen sind das Land mit der längsten Weihnachtszeit. Sie streckt sich über ein Drittel des Jahres, von September bis Dezember. Wenn in Europa gerade die Sommerferien zu Ende gehen, sind hier bereits die Einkaufszentren weihnachtlich dekoriert und Weihnachtslieder fester Bestandteil der Radio Playlist.

Ein Highlight ist die „Simbang Gabi“ - Filipino für „Nachtmesse“. Diese findet in der Zeit vom 16. bis 24. Dezember täglich im Morgengrauen, meist zwischen 3 und 5 Uhr, statt. Die Tradition kam vermutlich durch spanische Missionare auf die Philippinen, hat ihren Ursprung aber in Mexiko. Hierzulande wurde sie erstmals im 17. Jahrhundert dokumentiert, als Antwort auf die Bedürfnisse der Farmer, die schon früh auf die Felder zogen, aber vorher noch eine Messe besuchen wollten.

Aus deutscher Sicht ist die Simbang Gabi wie eine vorgezogene Christmette. Nicht nur wegen der großen Menschenmenge, die die Bänke und Gänge füllt, sondern auch, weil alles, was eine Christmette ausmacht, bereits Teil davon ist: die Gemeinde singt Gloria und Weihnachtslieder, der Priester kleidet sich in liturgischem Weiß und das Christkind liegt auch schon in der Krippe.

Die Simbang Gabi stärkt die Vorfreude der Filipinos auf das tatsächliche Weihnachtsfest. Es sind Tage der Hoffnung. Viele Menschen glauben, wenn sie in den neun Tagen täglich früh aufstehen und zur Simbang Gabi gehen, wird sich ihnen ein Wunsch erfüllen.

Nach der Messe wird gefrühstückt. Vor den Kirchen stehen schon die Straßenverkäufer mit ihren mobilen Küchen bereit. Es gibt Puto Bumbong, gedünsteter Klebereis, und Bibingka, ein in Tontöpfen gebackener Reiskuchen, der in einem Bananenblatt als Teller serviert wird.

Coronabedingt wird die Simbang Gabi in diesem Jahr in einem kleineren Format stattfinden müssen. In der Hauptstadt Manila dürfen Kirchen nur bis zu 30 Prozent ihrer Kapazität gefüllt werden. Als Entgegenkommen wird ab dem 1. Dezember die Sperrstunde um eine Stunde verkürzt, so dass man schon ab 3 Uhr morgens zur Kirche gehen darf.

Michaela Leifgen SSpS, Philippinen

Thailand

Advent und Weihnachten in Thailand - damit verbinde ich viele Geschichten. Ich erinnere mich zum Beispiel daran, wie ich zusammen mit Bewohnern unserer stationären Einrichtung für Menschen, die an Aids erkrankt sind, eine Weihnachtskrippe baute. Dazu hatten wir Bambusstäbe gesammelt und Bananenblätter für das Dach. Während wir so die Stäbe zusammennagelten, kamen wir darüber ins Gespräch, warum ich dieses Krippe für die Kirche bauen wollte. Für mich war das ein totales A-ha Erlebnis, denn ich hatte noch nie mit Menschen über Weihnachten gesprochen, die von Weihnachten noch nichts im christlichen Sinn wussten. Was die meisten Menschen in der Region Thailand mit Weihnachten verbanden, war, es als das Fest der Geschenke zu sehen. Stimmt ja auch. An Weihnachten wird uns Gott geschenkt. Wenn man das einem Menschen erzählt, dass unser Gott an Weihnachten in einem Stall in geboren wurde, dass wir an einen menschgewordenen Gott glauben, dann wird einem erst bewusst, wie unsagbar schön DAS ist!

Weihnachten haben wir am 24.12. immer groß in und um die katholische Kirche gefeiert. Alle Kinder und Jugendlichen und auch die Bewohner unserer Einrichtungen waren selbstverständlich dabei, auch in Rollstühlen und mit Gehhilfen, wenn das notwendig war. Für mich war ein Höhepunkt, wie wir traditionell mit Sternen in den Händen in einer kleinen Prozession in die Kirche einzogen. Nach einigen Jahren hatten wir es auch technisch geschafft, das Sternenprozessionslied, das mir immer unter die Haut geht, in voller Lautstärke vom Ausgangsort der Prozession bis in die Kirche zu feiern. Wenn dann die Kinder, von den viele HIV-positiv waren, das Krippenspiel spielten, hat mich das auch sehr berührt. Auch und gerade diese Kinder sind Engel und Hirten und öffnen ihre Herzen für die Ankunft unseres Gottes.

Ein Familienfest ist es natürlich nicht. Nach dem feierlichen Weihnachtsgottesdienst gibt es erst einmal Essen für alle. Ohne Essen geht nichts, wenn es was Richtiges sein soll. Also, Weihnachten haben wir richtig groß gefeiert und groß gegessen. Da hat jede Familie etwas mitgebracht und natürlich will jede Familie nur das Beste mitbringen. Eine Tombola gab es auch. Oh, und was für eine Freude, wenn man was gewonnen hat! Am Weihnachtstag habe ich ganz viele glückliche Gesichter gesehen. Ich erinnere mich auch an eine Frau, die kurz vor Weihnachten in unserem Hospiz aufgenommen wurde. Lange hatte sie nicht mehr so leckeres Essen gehabt und ich hatte alle Sorge, dass sie an diesem Weihnachtstag einfach so maßlos essen würde, dass sie es in der Heiligen Nacht bereuen würde. Sie hatte aber einfach so viel Freude am Essen, dass ich ihr den gar nicht nehmen wollte. Ach, und sie hatte keine Schuhe. Da sie eh nicht laufen konnte, wurde sie ohne Schuhe gebracht. Nun übten wir, dass sie zur Sternenprozession und zum Fest im Rollstuhl sitzen können würde und natürlich hatten wir ihr ein Paar Schuhe gekauft. Auch mit einer dicken Jacke hatten wir sie ausgerüstet in die sich so richtig reinkuschelte. Einige Wochen später ist diese Bewohnerin auch verstorben, schön, dass sie eben genau dieses Fest mit soviel Freude feiern konnte.

Mit Wanchai verbinde ich auch ein Weihnachtserlebnis. Wanchai war lange in unserer stationären Pflege und entschied sich, Ende September jenen Jahres nachhause zu seiner Familie zu gehen. Als wir ihn Anfang November dort besuchten, stellte ich fest, dass er keine HIV Medikamente mehr einnahm. Mit meinen Kollegen planten wir dann vor Weihnachten noch einen erneuten Besuch bei Wanchai. Dieses Mal tragen wir ihn nicht mehr am Haus seiner Geschwister an, denn diese hatten ihm 2 km entfernt eine kleine Hütte gebaut, wo sie ihn im wahrsten Sinne des Wortes ausgesetzt haben. Den Rollator, mit dem er nur gehen konnte, hatten sie ihm weggenommen. Wasser zum Waschen und eine Toilette gab es nicht. Heruntergekommen sah er aus, unser lieber Wanchai. Mir war klar, dass wir ihn sofort wieder aufnehmen würden, wenn er selbst das wollte. Meine Frage beantwortet er direkt mit einem breiten Lachen und einem klaren Ja. Weihnachten ist das Fest, an dem Gott einen Ort sucht an dem er ankommen kann. Wanchai ging es genauso und so kam er einen Tag vor Weihnachten wieder in unsere Einrichtung, wo er bis heute lebt.

Nong Fern kam als Christkind zu uns. Ferm war gerade mal 12 Jahre alt und wog 12 kg. Unvorstellbar, ja, ich hatte nie ein so abgemagertes Kind gesehen. Sie sollte eigentlich in ein staatliches Kinderheim aufgenommen werden, doch dafür war sie zu schwach. Ihr Bruder zog mit seiner Freundin nach Bangkok und so bliebe Nong Ferm über Monate als 12-jähriges Kind mutterseelenallein daheim. Die Freundin ihres Bruder hatte Angst vor Aids und sicher auch ihre eigenen Sorgen. Als das Jugendamt nicht wusste, wo sie am 22.12. Nong Ferm unterbringen konnten, wurde ihnen vom staatlichen Kinderheim die Adresse von unserem Zentrum mit dem Namen der „Immerwährenden Hilfe“ gegeben. Natürlich konnte Nong Ferm direkt zu uns kommen. Alle nahmen sie mit großer Liebe und Sorge in ihrer Mitte auf. Alle spornten sie an, tapfer Löffelchen für Löffelchen an Nahrung zu sich zu nehmen und ihre Augen strahlten beim Anblick der Engel des Krippenspiels. Sie lag tagsüber gerne in unserem Wohnzimmer, gleich neben dem Tannenbaum – sie war ein Christkind in unserer Mitte.

Auf Weihnachtsmission – ja, auch das hatten wir als weihnachtliche Tradition in Thailand. Am zweiten Tag fuhren wir als ganzes Team zu den Stellen, die uns im Jahr hindurch immer wieder unterstützt hatte. So waren wir in der Ambulanz des Krankenhauses und auch in der Chefetage, wir waren bei der Polizei, dem Bürgermeister und dem Einwohnermeldeamt. Überall haben wir ein oder zwei Weihnachtslieder gesungen und erzählt, warum Weihnachten für uns Christen so ein besonderes Fest ist. Da wir alle rote Weihnachtsmützchen trugen, wollten viele noch ein Foto mit uns haben. Ja, und über eine Dose mit Keksen oder eine andere Kleinigkeit, da haben sich immer alle gefreut.

Bernd Ruffing SVD, Thailand

Deutschland

Wir warten

Wir warten
und warten und warten –
auf Antwort,
auf den Zug,
auf einen Arzttermin,
auf den Urlaub,
auf eine Lieferung,
auf den Frühling,
auf bessere Zeiten,
auf ein Wunder,
auf Godot,
auf den Tod …
Wir warten auch aufs „Christkind“.
Auf was?

Würden wir doch warten
auf dich, Jesus!
Wir erhielten mehr als
alles.

*

Sei ruhig in der Gegenwart des Herrn
und warte, bis er eingreift.

Psalm 37,7

C Georg Schwikart, Ein Klaps…, 2020
Verlag Neue Stadt

 

Unser Geschäftsleiter Bruder Paul A. Heider hat dieses Gedicht ausgewählt und sagt dazu: "Der Text gefällt mir, weil warten beziehungsweise warten können eine Tugend ist. Warten hat etwas mit Geduld zu tun, denn alles hat seine Zeit: Im Frühjahr kann ich den Apfelbaum nicht fragen: Wo sind Deine Früchte? So können wir nicht sagen: Wo bleibt Gott? Gott bestimmt sein Kommen. Auf alle Geschenke müssen wir warten. Gott, der sich selber uns schenkt, auf ihn dürfen wir warten. Auf Gott zu warten ist eine lebenslange Übung. Der Advent ist eine kleine Übung. Unser Leben ist Advent."

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