Leben jetzt: Sie sind in der DDR aufgewachsen. Wie hat Sie diese Zeit geprägt?
Stefanie Stappenbeck: Sie hat mir eine gewisse Form der Bodenständigkeit vermittelt. In der DDR war der Professor nicht mehr wert als der Arbeiter. Und auch Arbeiterkinder sollten Abitur machen können, damit Klassenunterschiede aufgehoben werden konnten. Völkerfreundschaft war ebenfalls ein großes Thema bei uns. Als ich in den Westen kam, waren Beziehungen zwischen unterschiedlichen Ethnien für mich nie ein Thema, sondern etwas völlig Normales.
Lj: Wie konkret haben Sie damals die Mauer erlebt?
Stappenbeck: Oh, sehr! Unser Berliner Schulgebäude war quasi ein Teil von ihr. Von unserem Klassenzimmer aus konnten wir auf den Todesstreifen blicken. Aber als Kind ist mir nicht aufgefallen, wie krass das war. Wenn wir mit einem Ball gespielt haben, der dann über die Mauer flog, kam er meistens nicht zurück. Wenn doch, haben ihn wahrscheinlich die Soldaten zurückgespielt.
Lj: Fühlten Sie sich als Kind Ihrer Freiheit beraubt?
Stappenbeck: Wir konnten ja schon auch reisen, waren viel in Ungarn und der Tschechoslowakei. Als Kind fühlte ich mich nicht eingeschränkt – ich kannte es ja nicht anders. Dieses Gefühl hatte ich erst als Teenager.
Lj: Wie groß ist Ihr Bedürfnis nach Freiheit heute?
Stappenbeck: Ich liebe meine Freiheit und das Reisen heute umso mehr. Und ich kann es auch viel mehr wertschätzen.
Lj: Ihr Vater ist evangelischer Theologe. Welchen Stellenwert hatte der Glaube für Sie?
Stappenbeck: Meine Eltern haben mich nie zu einer kirchlichen Aktivität gezwungen. Aber die Vermittlung der christlichen Werte war ihnen wichtig. Mit elf Jahren habe ich mich freiwillig taufen lassen, wurde Mitglied der evangelischen Gemeinde und knüpfte damit ein engeres Band zu meinen Großeltern, die sehr gläubig waren.
Lj: Und heute? Welche Bedeutung hat der Glaube heute für Sie?
Stappenbeck: Ich bin fest davon überzeugt, dass in uns allen etwas Größeres, Göttliches steckt, was ich aber nicht mit einer Gottfigur in Verbindung bringe.
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