Erstellt von Ulla Arens

Steyler im Kampf für Gerechtigkeit auf den Philippinen

Hinterbliebene halten die Urnen mit der Asche der Toten
Hinterbliebene halten die Urnen mit der Asche der Toten

Steyler Pater Flavie tröstet die Hinterbliebenen | Foto: EPA-EFE/ROLEX DELA PENA

Pater Flavie Villanueva SVD ist Anwalt für die Toten und Hinterbliebenen, die durch staatlichen Terror ihr Leben verloren haben

Etwa 5.000 Pesos, knapp 100 Euro – mehr ist ein Leben auf den Philippinen nicht wert. „Das ist das Kopfgeld, das die Polizei für einen Auftragsmord bezahlt“, erzählt Pater Flavie Villanueva SVD, 52, aus Manila.  Es ist das Vermächtnis von Rodrigo Duterte, bis Juli diesen Jahres Präsident der Philippinen. Der von ihm so genannte „Krieg gegen Drogen“ stand ganz oben auf seiner Agenda. Nach Polizeiangaben wurden in seiner sechsjährigen Amtszeit über 7.000 Menschen erschossen. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen waren es rund 30.000. Sie alle starben ohne Anklage und ohne Prozess, aber mit Billigung der Regierung.

Getötet wurden sie nicht nur von Sicherheitskräften. Zu den vermummten Killerkommandos gehörten auch Zivilisten, die von der Polizei dafür bezahlt wurden – mit eben jenen 100 Euro. Die Opfer gehörten zu den Ärmsten. Sie konsumierten Shabu, das bei uns Crystal Meth heißt, um der Hoffnungslosigkeit zu entfliehen. Oder sie verkauften es in kleinen Mengen. „Es ist die schnellste Art, ein bisschen Geld zu verdienen, um die Familie zu ernähren, wenn man keine Arbeit hat“, so Pater Flavie.

Als Duterte an die Macht kam und das Morden ausrief, war Pater Flavie einer der ersten, der sich dagegen positionierte. Er ging auf Demonstrationen, suchte Kontakt zu den Hinterbliebenen der Opfer und baute das Programm Paghilom (Heilung) auf, um die Frauen der Ermordeten zu stärken und ihnen zu helfen, ihr Trauma zu verarbeiten. Das Programm finanziert sich aus Spenden, zurzeit arbeiten dort vier Angestellte und 17 Ehrenamtliche.

Vom Junkie zum Priester

Er war selbst früher drogenabhängig. Mit dieser Vergangenheit geht der quirlige, energiegeladene Missionar offen um. Freunde brachten ihn mit Drogen in Kontakt, schließlich siegten Neugierde und Gruppendruck. „Als ich meinen persönlichen Tiefpunkt erreichte, habe ich aus eigener Kraft einen kaltem Entzug gemacht. Er  wandte sich dem Glauben zu, wurde Steyler Missionar und Priester.  „Jetzt sehe ich es als meine Aufgabe, für die Menschen da zu sein, die am Rande der Gesellschaft leben.“

Inzwischen betreut Paghilom 275 Witwen, Waisen, Mütter und Großmütter. Sie erhalten Essenspakete und Geld, denn mit dem Tod des Ehemanns, Vaters, Sohnes haben sie nicht nur einen geliebten Menschen, sondern auch den Haupternährer verloren. Die Mitarbeiter von Paghilom helfen Betroffenen auch, einen Job oder eine Ausbildung zu finden. Und wer einen Prozess gegen die Mörder anstrengen will, bekommt juristische Hilfe.

Das Leben riskieren für die Opfer des Terrors

Zurzeit ist Pater Flavie dabei, die Leichen der Ermordeten exhumieren zu lassen, um sie dann einzuäschern. „Die Apartment- Gräber, die kaum mehr sind als aufeinander gestapelte Särge, kosten Miete, die sich die Menschen nicht leisten können. Sie sind gezwungen, sich zwischen den Lebenden und den Toten zu entscheiden.“ Nach fünf Jahren kommen die Knochen ohnehin in ein anonymes Massengrab. Dann verlieren die Trauernden ihre Angehörigen zum zweiten Mal.

Bevor die Überreste eingeäschert werden, macht eine Pathologin eine Autopsie, alles wird dokumentiert. Längst nicht immer ist der Totenschein wahrheitsgemäß ausgefüllt. „Dort steht etwa Herzinfarkt oder Lungenentzündung. Dabei waren es die Kugeln, die diesen Menschen töteten.  Der Regierung blieben seine Aktivitäten nicht verborgen. „Ich war einfach zu laut“, sagt Pater Flavie und lächelt. Er bekam Morddrohungen – und Angst. Der Stress hatte Folgen: im letzten Jahr bekam Pater Flavie einen Stent gelegt. Weiter macht er trotzdem.

Mehr zur Arbeit der Steyler Missionare erfahren Sie in unserer Zeitschrift.

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