Das letzte „Amen“ war noch nicht verhallt, da stimmten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des wöchentlichen Abendimpulses in der kleinen Kapelle neben meiner Klause ein Ständchen an: „Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst. Wie schön, dass wir beisammen sind, wir gratulieren dir, Geburtstagskind. …“
An jenem Tag feierte ich tatsächlich meinen Geburtstag. Wer nur wusste davon und hat es großzügig weitererzählt? Ich war gleichermaßen überrascht und gerührt über diese kleine Sangeseinlage, denn damit hatte ich an dieser Stelle überhaupt nicht gerechnet. In den darauffolgenden Tagen erreichten mich dann auch noch sehr viele Zeichen des Wohlwollens und der Sympathie von den Menschen der Umgebung. Unzählige Male bekam ich zu hören: „Hoffentlich bleiben Sie uns noch viele Jahre erhalten!“ oder auch: „Sie lassen wir hier nicht mehr weg!“ Wenn man das nach fast fünf Jahren immer noch zu hören bekommt, dann kann sich schon die ein oder andere Träne vor Rührung lockern – und das taten sie an diesem Abend. Aber ich wurde auch nachdenklich, weil ich mich fragte: Welchem Arbeiter in der Firma wird vom Chef zugesprochen, dass er ein wertvoller Mitarbeiter ist? Wer bekommt so viel an Bestätigung seiner Person von seinen Mitmenschen? Bei diesen Gedanken stellte sich bei mir das Gefühl der dankbaren Demut ein. Dieses starke Zeichen der Verbundenheit empfand ich als einen großartigen Beweis dafür, dass es für mich weiterhin Sinn macht, hier einerseits vormittags und abends in der Stille zu leben, um auf Gott zu hören und andererseits nachmittags seelsorglich für die Menschen zu wirken.
Ich meine aber, dass letztlich nicht die Jagd nach solchen Glücksmomenten wie ein Geburtstagsständchen unser Leben wertvoll macht. Diese Momente sind im Alltag oft nur recht kurzlebig. Davon kann man auf Dauer nicht wirklich leben. Vielmehr tut es not, für sein Leben einen tieferen Sinn zu suchen und zu finden. Zu wissen, dass die eigene Arbeit erfüllend und wertvoll ist und zu spüren, wo man sich beheimatet fühlt, ist dabei genauso wichtig, wie die Anerkennung und Wertschätzung von unseren Mitmenschen. Es sind die Säulen, auf denen unser Leben steht. Wenn sie wackeln, wackelt die ganze Sinnhaftigkeit unseres Lebens.
Durch die Erfahrung der Gegenwart Gottes in meinem Leben, wie ich sie immer wieder in den Stunden der Stille und der Kontemplation in meiner Klause machen kann und im seelsorglichen Dienst an den Menschen, die an der Tür meiner Klause klingeln, erahne ich diesen Sinn meines Lebens. Interessierten Menschen davon zu erzählen, erfüllt mich mit Freude. Dabei halte ich mich stets bewusst an den biblischen Rat, der im ersten Petrusbrief (3,15-16a) steht. Dort heißt es: „Seid immer dazu bereit, denen Rede und Antwort zu stehen, die euch nach eurem Glauben und eurer Hoffnung fragen. Begegnet ihnen freundlich und mit Achtung, aber bleibt euch dabei bewusst, welche Verantwortung ihr vor Gott habt. Ihr vertretet ja eine gute und gerechte Sache.“