Erstellt von Norbert Cuypers SVD

Pater Cuypers Kolumne: Was heißt eigentlich 'gesegnet sein'?

Eine Mutter bringt ihr Kind zu Bett
Eine Mutter bringt ihr Kind zu Bett

Kuss und Segen: ein wertvolles Ritual vor dem Zubettgehen für viele Familien. | Foto: shutterstock

Der Steyler Pater Norbert Cuypers lebt als Eremit in einer Einsiedelei am Rande eines Waldes im Südsauerland und betreue einen kleinen Wallfahrtsort. Hier berichtet er von seinen Begegnungen mit Besuchern und seinem Leben als Einsiedler

„Heute Nachmittag schreibe ich eine wichtige Klausur. Ich habe in den vergangenen Tagen dafür wirklich gelernt und trotzdem bin ich etwas nervös.“ Das verriet mir ein junger Mann, der an der Tür meiner Klause geklingelt hatte. Im gleichen Atemzug fragte er mich: „Ob Sie mich wohl segnen könnten?“ Solch eine Frage heute von einem jungen Menschen gestellt zu bekommen ist selten geworden. Dementsprechend überraschte und erfreute mich die Bitte gleichermaßen.

Offensichtlich war er sich dessen bewusst, dass nicht alles im Leben von seinem Wissen und Können allein abhängt. Er rechnet jedenfalls auch mit Hilfe und Beistand „von oben“, wie man das so gerne sagt. Dazu passt genau das, was ich vor Kurzem noch bei Arnold Janssen, dem Gründer meiner Ordensgemeinschaft, den Steyler Missionaren, gelesen habe. Er meinte: „Wenn wir alles tun, was in unseren Kräften steht, dann tut Gott das Übrige.“

Segnen kann viele Formen haben. Der bekannteste Ritus ist wohl das Sich-Bekreu­zigen am Ende eines Gottesdienstes, wenn der Priester spricht: „Es segne euch der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.“ Bei einem Krankenbesuch wiederum lege ich persönlich den Menschen gerne die Hände auf ihr Haupt, während ich ihnen den biblischen Segen aus dem Buch Numeri zuspreche: „Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.“

Nicht selten berührt das die Kranken so sehr, dass ihnen die Tränen kommen. Auch die Segnung von Kindern zu Weihnachten oder zu Beginn ihrer Schulzeit kann berührend sein. Selbst der größte Zappelphilipp wird dann schlagartig ruhig und andächtig. Einen Segen zugesprochen zu bekommen empfinden offensichtlich schon die Kleinsten als ein besonderes Geschenk. „Benedicere“ ist der lateinische Begriff für „segnen“. Das kann man auch mit „gutsprechen“ übersetzen. Da also, wo jemandem etwas Gutes zugesagt wird, da wird er oder sie im Grunde gesegnet. Meiner Erfahrung nach wächst das Bedürfnis nach Segen bei Menschen unserer Tage. Wir alle möchten im Grunde ja auch gerne hören, dass ein anderer Mensch uns zusagt: „Gott sieht dich, Gott ist bei dir, wo du jetzt stehst, und er begleitet dich auf all deinen Wegen.“ Wenn wir das mit unserem inneren Ohr hören und glauben können, dürfen wir uns von Gott gesegnet fühlen.

Was viele übrigens nicht wissen: Segnen darf jeder Mensch, nicht nur der Priester. Ich denke da beispielsweise gerne an meine verstorbene Mutter zurück, die mir allmorgendlich, bevor ich zur Schule aufbrach, immer ein „Krützche un ’ne Bützche“ gab: ein Kreuzchen auf die Stirn und ein Küsschen auf die Wange. Ein Segen, der sich tief in mein Gedächtnis eingegraben hat.

Genau wie meine Mutter damals ist auch jener junge Mann, der an der Tür meiner Klause um einen Segen bat, von dem überzeugt, was der Volksmund schon lange weiß: „An Gottes Segen ist alles gelegen!“ Seine Prüfung jedenfalls hat er bravourös bestanden.

Mehr zur Arbeit der Steyler lesen Sie in unserer Zeitschrift

Zur Zeitschrift

Zur Rubrik

Norbert Cuypers SVD kommt auch als Eremit gerne mit den Menschen ins Gespäch. | Foto: Selina Pfruener

Für alle, die die Berichte von Pater Norbert Cuypers SVD aus seiner Einsiedelei vermisst haben: Er ist wieder da! Ab diesem Monat finden Sie die vielen Gründe, warum Menschen seinen Rat und seine Nähe suchen. Und seine Gedanken dazu.

Ihr Weg zu Pater Cuypers

Sie wollen den Steyler Pater in der Einsiedelei besuchen? Norbert Cuypers SVD ist nachmittags immer gerne für Sie da. Sie finden ihn hier.

Teilen