Erstellt von Michael Kreuzer SVD

Pater Kreuzer erklärt die Bibel: An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen

Pater Kreuzer erklärt die Bibel
Pater Kreuzer erklärt die Bibel

"An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen" heißt es in der Bibel. Was heißt das eigentlich? | Foto: shutterstock

Nicht immer erschließt sich der Inhalt der Bibel beim ersten Lesen. Darum haben wir den Steyler Pater Michael Kreuzer gebeten, sie uns zu erklären.

Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch in Schafskleidern, im Inneren aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Erntet man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen? Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte. (Mt 7,15–17 und weiter bis 20).

Falsche Propheten sind schwer zu erkennen, weil sie äußerlich harmlos daherkommen. Und ins Innere eines Menschen kann man bekanntlich nicht hineinschauen. Aber das Innere kehrt sich im Handeln nach außen. Und daran können wir sehr wohl ablesen, ob es Gutes oder Schlechtes bewirkt.

Zum Beispiel in der Liebe. Was ist Liebe? „Wahre“ und „falsche“? Auch hier ist das eine vom andern gar nicht so leicht und nicht immer auf den ersten Blick zu unterscheiden.

„Ich habe sie so sehr geliebt“, sagt der Mörder seiner Frau, um seine Eifersuchtstat zu erklären. Aber wahre Liebe bemisst sich nicht an der Stärke und Intensität meines Fühlens, sondern an der Wirkung am andern. Wahre Liebe weckt Leben im Geliebten und bringt ihn nicht um. Nicht wenn es mir guttut, ist etwas aus Liebe getan, sondern wenn es dem andern guttut. Kein Baum isst seine Früchte selbst!

Ich kann ein Kind herzen, drücken und liebkosen – und es kann dabei aufblühen und sich tief bejaht fühlen; es kann ihm aber auch viel zu eng werden, und es kann sich erdrückt fühlen. Ich kann ein Kind schelten und ermahnen – und es kann daran wachsen, aufmerksamer und bewusster werden. Oder sich erschlagen und eingeschüchtert fühlen, sich abgelehnt vorkommen und dieses Gefühl wie Gift mit sich herumtragen.

Ob ich dir guttue oder nicht, kannst nur du wissen, und ich muss es mir von dir sagen lassen: in deinen Worten, in deiner Gestik, in deiner Mimik, in deiner Körpersprache.

Wir sollten lernen, „Liebe“ aus ihrer schöpferischen, Leben zeugenden Wirkung zu definieren – und nicht aus unserer trügerischen, schillernden Befindlichkeit.

„Liebe“ erweist sich nicht daran als echt, wie sie sich anfühlt, sondern daran, dass sie zum Leben verhilft. Liebe ist kein Gefühl, sondern eine Entscheidung: So will ich mich verhalten, damit es dir nicht schadet, deine Zukunft nicht hindert, dein Werden und Wachsen unterstützt. Und das gilt nicht nur für unsere Kinderliebe, sondern auch für unsere Partnerliebe, die noch viel schwerer zu erlernen ist.

Dass Liebe eine Entscheidung zu einer bestimmten Art zu handeln und da zu sein ist, hat etwas Gutes: Ich kann auch dann lieben, wenn mein Gefühl sagt: „Schieß ihn/sie auf den Mond!“

Zur Rubrik

Teilen