Erstellt von Michaela Schneider-Mestrom, Peter Lewandowski

Pater Narh SVD: Brücken bauen für die Steyler Missionare

Gruppe von Menschen im Kreis um ein farbiges Bodenbild mit Weltkugel und Händen.
Weltweit im Einsatz für eine glaubende, hoffende und handelnde Gemeinschaft – die Steyler Missionare

Vielfalt leben, Brücken bauen – der Auftrag der Steyler Missionare | Foto: Adobestock

Steyler Missionar Peter Claver Narh SVD über seine Arbeit als Provinzial in Deutschland, die größten Herausforderungen, das Ordensleben und darüber, was Mission bedeutet

‚Leben jetzt‘: Pater Narh, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen. Wir möchten mit einer einfachen Frage beginnen: Wenn Sie Außenstehenden erklären, was Sie beruflich machen, wie beschreiben Sie Ihren Beruf?
Peter Claver Narh: (lacht) Nun, ich sage dann meistens: Ich bin katholischer Priester und Ordensmann, ein Steyler Missionar. Und wenn dann gefragt wird, was das genau bedeutet, erkläre ich, dass ich in der Verwaltung arbeite – aber natürlich nicht in einer Fabrik, sondern für die Steyler Missionare. Manchmal fragen die Leute dann: „Was machen die Steyler Missionare?“ Und dann erzähle ich, dass wir eine internationale Gemeinschaft sind, die weltweit in der Mission tätig ist.

Lj: Können Sie uns die deutsche Provinz der Steyler Missionare als Organisation etwas näher beschreiben? Wie viele Menschen arbeiten hier, und wie viele Standorte gibt es?
Narh: Ja, gerne. Aktuell haben wir in der deutschen Provinz 215 Mitbrüder, die aus 19 verschiedenen Ländern und Nationalitäten stammen. Wir sind an elf Standorten in Deutschland vertreten. Dazu gehören drei große Gemeinschaften: Sankt Augustin bei Bonn, St. Wendel im Saarland und St. Michael, das Gründungshaus in Steyl in den Niederlanden. Dann haben wir kleinere Gemeinschaften in Hamburg, Eutin, Berlin, München, Dresden, Tirschenreuth, Mosbach und in Oberschwaben. Diese kleineren Gemeinschaften nennen wir „Distrikte“. Dort leben die Mitbrüder nicht alle an einem Ort, sondern sind über eine Region verteilt, arbeiten aber zusammen und treffen sich regelmäßig. Und dann gibt es noch unsere Institutionen wie das Medienapostolat, die Steyler Ethik Bank, die Missionsprokur, das Missionswissenschaftliche Institut, Monumenta Serica und die Steyler Buchhandlung. Außerdem ist der China-Zentrum e. V. in Sankt Augustin eine Institution der Deutschen Bischofskonferenz, bei dem die Steyler Missionare den Direktor stellen.

Lj: Wie sieht Ihr Alltag als Provinzial der Steyler Missionare aus? Welche Aufgaben stehen im Mittelpunkt Ihrer Arbeit?
Narh: Mein Alltag ist sehr strukturiert, aber auch flexibel. Ich beginne den Tag mit der Gemeinschaft – mit dem Morgengebet und der Messe um 20 Minuten vor sieben Uhr. Danach, nach einem Frühstück, geht es gegen acht Uhr ins Büro, wo ich mich um adminis­trative Aufgaben kümmere. Ich habe feste Termine, zum Beispiel montags treffe ich mich mit meinem Sekretariat, um anstehende Themen zu besprechen, mittwochs mit dem Pressereferenten und freitags mit dem Ökonomen. Aber natürlich gibt es auch immer wieder ungeplante Dinge, die dazwischenkommen – sei es ein Anruf eines Mitbruders oder ein dringendes Problem, das gelöst werden muss. Ich sehe mich in dieser Rolle nicht nur als Manager, sondern auch als Seelsorger. Es ist mir wichtig, für die Mitbrüder und Mitarbeiterinnen da zu sein, sie zu begleiten und zu motivieren. Das ist eine Balance, die ich immer wieder finden muss.

Lj: Welche Projekte oder Initiativen liegen Ihnen persönlich besonders am Herzen?
Narh: (schmunzelt) Das ist eine schwierige Frage, denn für mich ist jedes Projekt wichtig, das ich gerade bearbeite. Aber wenn ich es auf den Punkt bringen soll, dann liegt mir die interkulturelle Zusammenarbeit besonders am Herzen. Wir sind eine internationale Gemeinschaft, und das ist eine große Stärke. Es ist mir wichtig, dass wir diese Vielfalt nutzen und als Bereicherung betrachten. Ein konkretes Projekt, das mir sehr am Herzen liegt, ist unsere Arbeit in sozialen Brennpunkten, wie zum Beispiel in Berlin-Kreuzberg. Dort versuchen wir, den Menschen nahe zu sein und ihnen zu helfen, wo wir können. Das ist für mich gelebte Mission.

Lj: Erzählen Sie uns etwas über Ihre Herkunft und Ihren Lebensweg. Wo sind Sie aufgewachsen, und wie war Ihre Kindheit?
Narh: Ich komme aus Ghana, aus einer kleinen Stadt namens Asesewa im Südosten des Landes. Ich bin in ­einer katholischen Familie mit sechs Kindern aufgewachsen – fünf Jungs und ein Mädchen. Meine Eltern haben uns christlich erzogen, und wir haben jeden Morgen gemeinsam gebetet. Das hat mich sehr geprägt. Mein Vater war Lehrer und hat später ein Gymnasium gegründet (nach seiner Zeit als Abgeordneter), das er bis zu seiner Rente geleitet hat. Meine Mutter war Erzieherin. Wir hatten eine schöne Kindheit, und ich bin sehr dankbar für die Werte, die mir meine Eltern mitgegeben haben.

Lj: Wie definieren Sie Ihre persönliche Mission in Ihrer Rolle als Provinzial?
Narh: Meine Mission ist es, für die Mitbrüder da zu sein, sie zu begleiten und zu motivieren und sie in ihren Talenten zu fördern. Gleichzeitig möchte ich die Provinz so organisieren, dass wir den Herausforderungen der Zeit gerecht werden. Wir müssen uns immer wieder fragen: Was bedeutet Mission heute? Denn „Mission“ ist schon längst nicht mehr geografisch. Wie können wir unsere Arbeit an die heutigen Bedürfnisse der Menschen anpassen? Viele Menschen fühlen sich von der Kirche entfremdet. Wie können die Steyler Missionare dieser Entwicklung entgegenwirken? Ich denke, wir müssen authentisch sein und das leben, was wir predigen. Wir müssen zu den Menschen hingehen, statt zu warten, dass sie zu uns kommen. Und wir müssen eine Kirche sein, die nahbar und verständlich ist. Ein Beispiel dafür ist unsere Arbeit in den Gemeinden. Wir versuchen, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind. Wir haben Mitbrüder, die die Menschen zu Hause besuchen, ihnen zuhören und versuchen, ihre Bedürfnisse zu verstehen.

Lj: Warum ist der Standort Deutschland für die Steyler Missionare so wichtig?
Narh: Es ist ein wichtiger Standort, weil wir hier eine lange Tradition haben. Gleichzeitig ist Deutschland heute auch ein Missionsland. Die Menschen hier sind oft auf der Suche nach Spiritualität und Sinn. Wir können ihnen eine Heimat bieten und zeigen, dass Glaube und Gemeinschaft wichtig sind.

Lj: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was ist für Sie ein gelingendes Leben?
Narh: (lacht) Wenn ich im Reinen mit mir selbst und mit den Menschen um mich herum bin. Wenn ich dazu beitragen kann, dass die Menschen, denen ich begegne, ein Stück Freude und Hoffnung mitnehmen.  

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Zur Rubrik

Unser Interviewpartner: Pater Peter Claver Narh SVD
  • Geboren 1978 in Asesewa in Ghana
  • 2000 trat er den Steyler Missionaren bei, im Jahr darauf kam er zum Theologiestudium nach Deutschland
  • 2006 wurde er zum Priester geweiht und war danach als Kaplan in Eberhardzell und Sankt Augustin tätig
  • 2018 wurde er an der Hochschule St. Georgen mit einer Arbeit zu Interkulturalität in Ordensgemeinschaften promoviert
  • Seit 2019 war er Vizeprovinzial und Mitglied im Provinzialrat
  • Am 1. Mai 2023 hat er die Leitung der deutschen Provinz übernommen
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