Erstellt von Ulla Arens

Oben sein: Die Schornsteinfegerin

Zwei Schornsteine
Dreck und Ruß dürfen einen Schornsteinfeger nicht stören

Auf den Dächern zu arbeiten, macht die Schornsteinfegerin Julia Bothur glücklich. | Foto: shutterstock

Schornsteinfegerin Julia Bothur, 38, aus Bochum liebt den Blick über die Dächer. Hier erzählt sie von ihrem Traumjob

Schornsteinfegerin zu sein ist nicht nur mein Beruf. Es ist meine Berufung. Ich wollte nie etwas anderes machen. Das liegt in der Familie. Schon mein Vater war Schornsteinfeger, und als Kind habe ich es geliebt, mit ihm zu den Kunden zu fahren. Meine ältere Schwester ist ebenfalls Schornsteinfegerin, mein Schwager auch – und meine Nichte ist in der Ausbildung. Kein Wunder also, dass wir zu Hause viel über die Arbeit sprechen.

Vor drei Jahren gab mein Vater aus Altersgründen seinen Bezirk ab. Um ihn übernehmen zu können, musste ich mich offiziell bewerben. Ich habe mich dann gegen sechs männliche Konkurrenten durchgesetzt. Vielleicht kam mir zugute, dass ich immer gerne gelernt und mich fortgebildet habe – zur Maschinenbau-Ingenieurin, Brandschutztechnikerin und Gebäudeenergieberaterin. Aber das macht auch Sinn, denn unser Beruf wandelt sich ständig. Ganz früher waren wir nur auf dem Dach und haben gefegt, dann zusätzlich die Abgase gemessen. Inzwischen gehört auch dazu, dass wir viel beraten, etwa wie man Energie einspart.

Glücklich über den Dächern

Als Bezirksmeisterin muss ich auch viel Schreibtischarbeit machen und organisieren. Mein Geselle und mein Auszubildender übernehmen dann die Kundenbesuche. Aber ich lasse es mir nicht nehmen, regelmäßig mitanzupacken. Das macht mir Spaß, Dreck und Ruß stören mich nicht. Da schützt mich ja meine schwarze Kluft, die ich mit Stolz jeden Morgen anziehe. Und wenn ich bei schönem Wetter mit Haspel und Kehrleine auf ein Dach klettre, dort oben am Kamin stehe und über die Häuser in die Ferne schaue, bin ich einfach glücklich.

Und ich bringe natürlich auch anderen Glück. Die Frage „Darf ich Sie mal kurz anfassen?“, höre ich oft. Damit habe ich überhaupt kein Problem, im Gegenteil. Ich freue mich immer. Es ist bis heute etwas Besonderes, einen Schornsteinfeger zu sehen.  Als Frau habe ich in meinem Handwerk übrigens keine Nachteile gehabt. Inzwischen bin ich erste Vorständin im Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks. Und damit die erste Frau im Vorstand einer Handwerksinnung überhaupt.

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