Erstellt von Xenia Frenkel

Von Menschen und Wundern

Von Menschen und Wundern
Von Menschen und Wundern

Auf Wunder warten? Wir tragen sie in uns – in der Liebe zum Nächsten | Foto: Rich Carey/Shutterstock

Wenn wir an Wunder denken, fällt uns die Hochzeit zu Kana ein. Oder die Speisung der 5000. Dabei können wir auch selbst Wunder erleben. Oder vollbringen. Das findet jedenfalls unsere Autorin Xenia Frenkel.

Erinnern Sie sich an „Wunder gibt es immer wieder“ von Katja Ebstein? Natürlich ging es in dem Lied um Liebe. Wäre es nicht wunderbar, wenn Wunder einfach immer so vom Himmel fallen würden?

Doch so einfach ist es nicht. Das liegt schon daran, dass die meisten von uns zum Thema Wunder ein sehr gemischtes Verhältnis haben. Vor allem, was die biblischen Wunder angeht. Jesus speiste 5.000 hungernde Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen? Nun ja. Andererseits gibt es kaum jemanden, der nicht irgendwann auf ein Wunder hofft. Dass er die Prüfung besteht, obwohl er schlecht vorbereitet ist. Oder dass ein lieber Mensch gesund wird, obwohl er unheilbar krank ist.

Wunder bringen uns vorran

Es ist wohl so, dass wir gar nicht anders können, als an Wunder zu glauben – wider alle Vernunft. Das ist auch gut so. Die Menschheit hätte sich nämlich sonst kaum weiterentwickelt. Lorraine Daston, bis vor Kurzem Direktorin des Berliner Max- Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte, sagt: „Wunder haben die Entwicklung des modernen wissenschaftlichen Denkens angestoßen. Wissen ist eine Folge des Wunderns.“ Der Wissenschaftstheoretiker Jürgen Mittelstraß sieht das ähnlich: „Wenn wir aufgeben, das Undenkbare zu denken, läuft das letztlich darauf hinaus, das Denken ganz einzustellen.“

Nicht nur Wissenschaftler brauchen den Glauben, dass das Unmögliche möglich ist. Die ganze Welt würde ohne nicht funktionieren. Allein, weil wir sonst angesichts von Vertreibung, Terror und Hunger resignieren würden. Nur die Hoffnung, dass wir auch in den schlimmsten Situationen etwas ausrichten können, lässt uns gegen Not, Unrecht und Gewalt aufstehen.

Bei Wundern geht es immer um Vertrauen

Jesus hat nicht gezaubert. Seine Wunder zeigen auf, was nicht in Ordnung ist. Sie kehren Machtverhältnisse um. Das macht sie revolutionär. Jesu Wunder und die der Heiligen sind eine Aufforderung hinzusehen und das, was aus den Fugen geraten ist, wenigstens ein bisschen wieder ins Lot zu bringen.

Wer nicht an Wunder glaubt, verschließt die Augen vor der Tatsache, dass die Welt für Millionen von Menschen ein höchst unwirtlicher Platz ist. Es ist kein Wunder, wenn Menschen verzweifeln, wenn sie vor Wut um sich schlagen und ihren Schmerz mit Alkohol oder Drogen betäuben. Das Wunder ist, wenn sie trotz Schmerz und Leid wieder aufstehen, wieder leben, lieben und lachen. Weil ihnen jemand die Hand reicht.

Ich finde es völlig unerheblich, ob sich Wunder historisch, medizinisch oder physikalisch nachweisen lassen. Tatsache ist, dass sie geschehen, solange es Menschen gibt, die sich für Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit einsetzen. Hören wir auf, das Wunder zu suchen. Wir tragen es in uns. Das Schlüsselwort, um ein Wunder zu bewirken, ist Liebe. Die Kraft der Nächstenliebe.

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