Erstellt von Ulla Arens

Wie die Steyler verfolgten Frauen in Ghana helfen

Drei Frauen, die Einkäufe auf ihren Köpfen transportieren
Viele Menschen in Ghana glauben an Hexen. Die Verfolgten sind meist Frauen, die in ihren Heimatorten dann nicht mehr sicher sind

Das gemeinsame Schicksal verbindet die Frauen. Sie alle wurden der „Hexerei" beschuldigt und waren in ihren Heimatorten nicht mehr sicher | Foto: SVD

Der Glaube an Hexen ist in Ghana weit verbreitet. Wer der Hexerei beschuldigt wird, muss fliehen. Zuflucht finden die Frauen in einem „Hexencamp". Eines davon ist in Gushiegu. Es wird von den Steylern unterstützt

Samantha hat ihren Enkel nicht umgebracht. Und doch muss sie für seinen Tod büßen. Lebenslang. Ihr ältester Sohn, der Vater des Kindes, gibt ihr die Schuld: Sie habe den Jungen verhext. Seit er das behauptet, hat Samantha keinen Platz mehr in der Gemeinschaft. Der Sohn, der sie angeklagt hat, brachte Samantha ins „Hexencamp“ von Gushiegu.  Die 60-Jährige denkt oft an ihren Enkel. Er starb bei einem Verkehrsunfall.

Die Tränen eines Kindes zwangen Amina zur Flucht. Während eines Gottesdienstes weinte ein Mädchen, es konnte nicht mehr aufhören. Nach der Kirche behauptete es, Amina sei der Grund – sie sei eine Hexe und wolle sie töten. „Ich wurde verprügelt und musste mein Dorf verlassen“, erzählt Amina. Ihre Familie verteidigte sie nicht.

Das gemeinsame Schicksal verbindet die Frauen

Drei Schicksale – stellvertretend für Hunderte in Ghana, wo der Hexenglaube noch allgegenwärtig ist. Zuflucht finden die beschuldigten Frauen in sogenannten Hexencamps. Sechs davon gibt es im Norden von Ghana, eines ist in Gushiegu. Etwa 70 Frauen leben hier, im Schnitt sind sie 60 Jahre alt, die meisten Witwen. Manche der Frauen haben ihre Kinder oder Enkel dabei. In Gushiegu sind sie in Sicherheit. Doch der Preis ist hoch: Sie haben alles verloren. Ihre Heimat, ihre Familie, ihren Ruf.

Das Camp, das 1993 gegründet wurde, liegt etwa zwei Kilometer außerhalb der Stadt. Ein Trampelpfad führt durch den Busch. Die Frauen leben in kleinen Rundhütten aus Lehm, die mit Stroh bedeckt sind. „Sie kümmern sich umeinander“, sagt Pater Phanuel Myers Agudu SVD. „Wer nicht mehr arbeiten kann, wird von den Jüngeren versorgt.“ Ihre „Heimat fern von der Heimat“ – so nennen die Bewohnerinnen das „Hexencamp“. Gemeinsam versuchen sie, das Beste aus den kargen Lebensbedingungen zu machen. Etwas anderes bleibt ihnen ja auch nicht übrig. Sie lachen viel miteinander, singen und tanzen, während sie das Essen vorbereiten: „Wir geben uns gegenseitig Kraft.“

Gemeinsam mit anderen Steylern arbeitet der Priester im Dorf. Die Missionare haben bereits einiges erreicht: Solarlampen wurden angeschafft, ein Brunnen gebohrt. Die Frauen erhalten Lebensmittel und medizinische Hilfe, die Kinder, die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen. Demnächst wollen die Steyler den Frauen beibringen, aus Gras umweltfreundliche Briketts zu machen, die sie nutzen und auf dem Markt verkaufen können.

Mit den Einheimischen von Gushiegu gibt es keine Probleme

Bauern, die in der Nachbarschaft Felder haben, machen dort eine Pause. Andere kommen, um Wasser zu holen. Angst vor der angeblichen Hexenkraft der Frauen haben sie nicht. Denn diese – so der Glaube – wirkt nur im Heimatdorf, bei Verwandten und Menschen im direkten Umfeld.

Wenn die Frauen krank sind, dürfen sie zurück in ihr Dorf, um sich dort pflegen zu lassen. Weil sie dann dort „zu Besuch“ sind, haben ihre ehemaligen Nachbarn und ihre Familie keine Angst vor ihnen. Sind sie jedoch wieder gesund, müssen sie zurück ins „Hexencamp“.

Samantha, der „Neuen“ in Gushiegu, fällt es schwer sich einzuleben. „Ich vermisse meine acht Kinder, habe Heimweh“, erzählt sie. „Nie hätte ich gedacht, dass ich so enden würde.“ Sie verstehe nicht, warum ihr ältester Sohn ihr das angetan habe. Ihr einziger Trost: Mit den anderen Frauen über ihren Schmerz sprechen. „Sie verstehen mich.“

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Ghana – ein Vielvölkerstaat

  • Etwa 33 Millionen Menschen leben in dem westafrikanischen Land.
  • Es ist ein Vielvölkerstaat, der aus fünf ethnischen Großgruppen und über hundert Untergruppen besteht, die sich inzwischen vermischen.
  • Die Lebenserwartung beträgt knapp 64 Jahre.
  • Trotz Wirtschaftswachstums in den letzten Jahren konnte die Armut nicht gemindert werden. Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander. Vor allem der Norden ist wirtschaftlich schwach.

Spenden

Wenn Sie die Arbeit der Steyler im Dorf der „Hexen“ in Ghana unterstützen wollen, können Sie spenden:

DEUTSCHLAND
Steyler Mission
IBAN: DE77 3862 1500 0000 0110 09
Stichwort: LJ24GUSH

ÖSTERREICH
Missionsprokur St. Gabriel International
IBAN: AT26 2011 1800 8068 0800
Einzahlungsreferenz: Hexendorf von Gushiegu/ Ghana

SCHWEIZ
Steyler Missionsprokur
IBAN: CH16 0900 0000 9001 3192 2
Stichwort: Hexendorf Ghana

Falls Spendenbescheinigung gewünscht, bitte Adresse angeben

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