Erstellt von Ulla Arens

Wie die Steyler Zwangsprostituierten auf den Philippinen helfen

Wie die Steyler Zwangsprostituierten auf den Philippinen helfen
Wie die Steyler Zwangsprostituierten auf den Philippinen helfen

Straßenprostitution – illegal, aber in Cebu City trotzdem allgegenwärtig. Die Ursache, wie überall auf der Welt: Armut. | Bild: GettyImages

Man versprach ihnen gute Jobs, dann zwang man sie zur Prostitution. Ein Schicksal, das Tausende Mädchen und Frauen in Cebu City auf den Philippinen teilen. Pater Heinz Kulüke SVD versucht, ihnen ein neues Leben zu ermöglichen.

Wenn es dunkel wird in Cebu City, schnallt sich Pater Heinz Kulüke SVD seinen Rucksack auf den Rücken, zieht sich die Maske auf und macht sich auf den Weg in die Rotlichtbezirke der Stadt. Die meisten der Prostituierten, die an den Straßen stehen, kennen den hageren, hochgewachsenen Priester und kommen ihm entgegen. Ob er etwas zu essen habe, fragen sie ihn. Pater Kulüke greift in den Rucksack, verteilt Snacks, aber auch dringend benötigte Medikamente, die sich die Frauen nicht leisten können. Und er notiert, wer etwas Warmes zu essen braucht, um es dann beim Imbissstand zu bestellen.

Die Frauen verdienen kaum genug zum Überleben. Ältere verkaufen sich für einen, jüngere für sieben Euro. Geschätzte 10.000 Prostituierte soll es in Cebu City geben, einer Hochburg des Sextourismus auf den Philippinen. Seit 20 Jahren ist Pater Kulüke Abend für Abend im Rotlichtmilieu unterwegs. Er spricht mit den Frauen und versucht, sie von der Straße zu holen, aus den Bordellen zu befreien. In die wurden sie meist gezwungen – durch Menschenhändler oder durch bittere Armut - und sind dort der Gewalt ihrer Zuhälter und Kunden ausgeliefert. Mit seiner Organisation JPIC-IDC (Justice, Peace and Integrity of Creation – Integrated Development Center) will Pater Kulüke ihnen ein neues Leben ermöglichen. Seine Idee: den Mädchen einen Zufluchtsort zu geben, wo sie den Missbrauch aufarbeiten und sich auf die Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereiten können. Um dies zu verwirklichen, holte er die „Schwestern vom guten Hirten“ mit an Bord. Inzwischen gibt es drei Zen­tren für die Betroffenen, die von den Schwestern geleitet und von JPIC unterstützt werden.

Nach dem Ausstieg brauchen Seele und Körper Zeit, um zu heilen

Das jüngste Opfer, das hier Hilfe bekam, sei erst 13 Jahre alt gewesen, erzählt Schwester Virgo Mariae Espineda RGS, Koordinatorin der Zentren. „In unserem Zentrum sind die Mädchen und Frauen sicher. Sie bekommen zu essen, können duschen, schlafen, sich erholen und werden medizinisch betreut.“ Die Schwestern und Mitarbeiter von JPIC beraten sie, zeigen ihnen berufliche Alternativen auf. Für Mütter, die arbeiten oder eine Arbeit suchen, organisieren sie eine Kinderbetreuung.

Manche der Frauen nutzen das „Drop-in Center“ als Auszeit, bevor sie sich wieder prostituieren. Wer beschließt auszusteigen, wird weitergeleitet an das „Good Sheperds Home“ außerhalb von Cebu City. In diesem Haus werden die Mädchen und Frauen liebevoll betreut, leben wie in einer Familie zusammen. Und zu einer Familie gehört Struktur – ein fester Tagesablauf, Regeln und Pflichten im Haushalt. Etwas, an das sich Bewohnerinnen erst wieder gewöhnen müssen. „Sie sollen dort wieder zu sich finden, zu ihrer Seele, ihrem Körper, ihrem Alter“, so Schwester Virgo. Es braucht Zeit, die Traumata zu verarbeiten. Meditation, therapeutische Gespräche helfen dabei. Ebenso wie Gartenarbeit, Haustiere, Zumba, Musik und nicht zuletzt der Glaube.

Ein Zimmer im Haus ist ganz mit Matratzen ausgelegt. Hier können die Bewohnerinnen ihre Wut und Verzweiflung mit Fäusten und lauter Stimme herauslassen. Gelegentlich werden ausgewählte Männer eingeladen, damit die Frauen eine Chance haben, ihr Männerbild zu verbessern. Wo es möglich ist, wird auch eine Familienzusammenführung versucht.

Manchmal dauert es viele Jahre, bis die Vergangenheit verarbeitet ist

Einige Hundert Mädchen und Frauen haben es durch seine Maßnahmen bereits geschafft, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Doch das ist schwieriger geworden. Wegen der Pandemie sind die Bordelle geschlossen, die Prostitution hat sich ins Internet verlagert. „Ich weiß, dass ich den Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution nicht gewinnen kann“, sagt Pater Kulüke. „Das ist aber für mich kein Grund zu resignieren.“

Denn das Elend der Frauen kann und will er nicht hinnehmen. Dazu hat er zu viel Schlimmes gesehen, zu viele der Mädchen beerdigen müssen, die an Gewalt, Spätabtreibungen, Aids gestorben sind. „Es geht um jeden einzelnen Menschen“, sagt er. Am Abend wird er sich wieder aufmachen ins Rotlichtmilieu.

Mehr zum Steyler Projekt finden Sie in unserer Zeitschrift.

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Pater Kulüke und eine junge Prostituierte, deren Schicksal ihn nicht loslässt. „Sie lebt mit ihrem Kind auf dem Gehweg“, erzählt er. „Nachts schlafen beide auf einem Pappkarton. Hat sie einen Kunden, passt eine ihrer Kolleginnen auf das Kind auf.“ | Bild: Karl Fluch

Sie wollen helfen?

Wer Pater Kulüke und sein Engagement gegen die Zwangsprostitution unterstützen möchte, kann spenden:

Missionsprokur Deutschland
IBAN DE77 3862 1500 0000 0110 09
Stichwort: Leben jetzt – Zwangsprostitution

Missionsprokur Österreich
IBAN AT26 2011 1800 8068 0800
Referenznummer 1140X

Missionsprokur Schweiz
IBAN CH16 0900 0000 9001 3192 2
Stichwort Leben jetzt – Zwangsprostitution

Falls Spendenbescheinigung gewünscht, bitte Adresse angeben

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