Erstellt von Nadine Vogelsberg

Die Steyler unterwegs auf Mission Klimagerechtigkeit

Beschreibung

Foto von Franz Helm SVD (links) und Emanuel Huemer SVD (rechts) auf einer Demo
Die Steyler demonstrieren nicht nur gegen Fremdenfeindlichkeit, gemeinsam mit anderen Religionsvertretern setzen sie sich auch für den Umweltschutz ein

Vereint für die gute Sache, nicht nur beim Klimaschutz: Franz Helm SVD (l.) und Emanuel Huemer SVD (r.) auf einer Demo gegen Fremdenfeindlichkeit | Foto: SVD

In der mitteleuropäischen Provinz setzt sich eine Dreierkommission für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung ein. Im Gespräch erzählen zwei von ihnen – Emanuel Huemer SVD und Franz Helm SVD –, warum ökologisches Engagement für sie nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein christliches Anliegen ist

‚Leben jetzt‘: Lieber Pater Helm, lieber Bruder Huemer, als Steyler Missionare sind Sie Teil einer weltweit agierenden Ordensgemeinschaft. Wie beeinflusst das Ihre Sicht auf den Klimawandel?
Franz Helm SVD:
Unsere Mitbrüder und -schwestern aus Indonesien oder dem Kongo erzählen, wie sich der Klimawandel auf ihre Heimat auswirkt: Starkregen und Dürren, Erdrutsche und Überschwemmungen. Die Fragen der globalen Gerechtigkeit stellen sich für uns als weltweite Ordensgemeinschaft noch direkter, weil wir mit diesen Brüdern und Schwestern zusammenleben. Die Menschen im globalen Süden sind vom Klimawandel stärker betroffen und stehen ihm gleichzeitig schutzloser gegenüber.
Emanuel Huemer SVD: Wir haben kürzlich erst das Motiv der globalen Tischgemeinschaft ins Bewusstsein gerufen: alle Menschen an einem Tisch, wie es auch biblisch als Verheißung verbürgt ist. Dadurch dass ich im globalen Norden geboren bin – wofür ich nichts kann –, lade ich strukturelle Schuld auf mich, weil meine Gesellschaft auch deswegen so vermögend ist, weil sie geschichtlich andere Kontinente ausgebeutet hat. Als Mensch mit Gewissen treibt mich das um.

Lj: Wie kann ich mir Ihre Arbeit vorstellen?
Huemer:
Wir treffen uns im Team etwa alle zwei Wochen. Unsere Projekte und Aktionen ergeben sich immer aus diesen Absprachen. Das beginnt bei der Ausrichtung. Wir sind pragmatisch vorgegangen und haben geschaut, wohin wir schon Kontakte haben, wo Steyler bereits aktiv sind, um dort anzuknüpfen. So ist Klimagerechtigkeit unser Schwerpunkt geworden. Von da aus schauen wir, wo wir Gottesdienste zum Thema feiern oder Aktionen durchführen.

Lj: Was für Aktionen sind das?
Helm:
Wir sind zum Beispiel in der Gemeinde Wiener Neudorf aktiv. Dort haben wir Steyler eine Pfarrei, und dort geht die Südautobahn nach Wien mitten durch die Gemeinde. Der Bürgermeister hat sich dort bereits für Tempo 80 engagiert: Das führt zu weniger Lärm und Emissionen. Außerdem steht dort die höchste Lärmschutzwand Österreichs. Wir haben dort eine Maiandacht zum Thema „Schutzmantel-Madonna“ gefeiert und Gott dafür gedankt, dass hier ein Schutz errichtet wurde. Frühere Generationen haben ihre Arbeit auf den Feldern unter den Schutz Mariens gestellt. Heute ist eine Lärmschutzwand ein sichtbares Zeichen für diesen Schutz.
Huemer: Du bist ja außerdem bei „Religions For Future“ aktiv, hältst Vorträge zur Schöpfungsverantwortung und zur ökologischen Umkehr – und ich engagiere mich zum Beispiel bei der Verhinderung der Ostumfahrung in Wiener Neustadt, wo Äcker und ein Naturschutzgebiet zubetoniert werden sollen. Wir sind also zum einen ganz praktisch unterwegs und besuchen darüber hinaus unsere Steyler Gemeinschaften, um dieses Thema zu besprechen. Immerhin waren einige Steyler in anderen Provinzen auch schon im Umweltschutz aktiv und bringen neue Perspektiven und Ideen mit.

Lj: Glaube und Bewahrung der Schöpfung gehören in Ihrer Arbeit also untrennbar zusammen?
Huemer:
Ja, genau. Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, wir sind sehr aktivistisch unterwegs. Aber für mich ist klar, dass das Problem des Klimawandels darin besteht, dass wir uns als Menschheit auf ein System eingelassen haben, das tiefe Umwälzungen in unserer Umwelt, aber auch in unserer Seele verursacht. Heute schauen wir auf die Erde, als wäre sie ein Objekt, das man ausbeuten kann. Das heißt: Eine echte Lösung muss tiefer gehen als ein Verzicht auf Flugreisen. Wir dürfen uns nicht über die Schöpfung stellen, sondern müssen uns als Mitgeschöpfe verstehen.
Helm: Wenn wir uns in diesem Bereich engagieren, kommen wir mit interessanten Menschen in Kontakt, die aktiv sind. Unser Missionsverständnis als Steyler besagt, dass Gott immer schon da ist und wirkt. Wir müssen nur die Augen öffnen und entdecken, was schon in seinem Sinn geschieht – und mitmachen. Alles ist miteinander verbunden – dieses Mantra von Papst Franziskus in „Laudato si’“ (Enzyklika 2015) kann ich wirklich erleben.

Lj: Frustriert es Sie nicht, selbst auf Umweltschutz zu achten, während Superreiche gleichzeitig so große Schäden anrichten?
Huemer:
Die Kritik an den Superreichen wird von diesen gerne zum Neid deklariert – was sie ja nicht ist. Den Begriff „Neiddebatte“ nutzen sie gerne als Kampfbegriff, um nach unten zu treten. Aber wir müssen in unserer Gesellschaft über alles sprechen können. Dann wird klar, dass das, was sich Jeff Bezos und viele andere leisten, Menschenleben kostet. Es ist, wie Papst Franziskus gesagt hat: Diese Wirtschaft tötet. Das ist ein wahrer Satz, den wir viel öfter wahrnehmen müssten. Diese Wirtschaft verkürzt das Leben von Menschen. Natürlich frustriert mich das, aber wir dürfen nicht daran zerbrechen.
Helm: Ich freue mich auch über kleine Veränderungen, denn ich kann nur das bewirken, was in meinem Einflussbereich liegt. Ich kann nicht unterbinden, dass Jeff Bezos ins All fliegt – das liegt außerhalb meines Machtgebiets. Aber ich kann in unserer Gemeinschaft darüber diskutieren, ob wir ein neues Auto brauchen – und wenn ja, welches. Ich kann mich dafür einsetzen, dass die ökologischste Lösung gefunden wird. Jedes Gramm CO₂, das wir einsparen, ist wichtig. Da kann ich meinen Beitrag leisten. Ich bin ein gläubiger Mensch. Oft haben Menschen Katastrophen verursacht, und Gott hat sie nicht verlassen. Das ist meine Hoffnung, und die ist unerschütterlich. So lässt sich’s gut leben und kämpfen – auch für scheinbar aussichtslose Dinge. 

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Zur Rubrik

Die Steyler Missionare in der Mitteleuropäischen Provinz haben für den kommenden Schöpfungsmonat von 7. September bis 5. Oktober 2025 einen liturgischen Behelf erstellt. Er umfasst Vorschläge für fünf Gottesdienste in der Schöpfungszeit, die sich für Sonntagsmessen am 7., 14., 21., 28. September und 5. Oktober 2025, als Wochentagsmessen, als Wortgottesdienste der Gemeinde oder von Teilgemeinden eignen:

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