Erstellt von Nadine Vogelsberg

Die Geschichte der Steyler Missionare – Über 140 Jahre weltweit unterwegs

Beschreibung

Zimmerleute beim Aufbau eines Dachstuhls, historische Aufnahme
Der Bau des ersten Missionshauses in Steyl markierte den Beginn von 150 Jahren Steyler Mission

Zimmerleute errichten das erste Missionshaus der Steyler Missionare in Steyl an der Maas – ein Grundstein für 150 Jahre weltweite Mission | Foto: SVD

Nach der Gründung 1875 hat sich der Orden der Steyler Missionare schnell verbreitet. Für die Brüder und ihre Philosophie war das nicht immer einfach

8. September 1875: Gründung des ersten deutschen Missionshauses

In dem niederländischen Dorf Steyl an der Maas wurde das erste deutsche Missionshaus gegründet. Eine Gründung auf deutschem Boden war wegen des damaligen Kulturkampfes nicht möglich. 

Die Einweihung des Missionshauses St. Michael markiert den Anfang des Wirkens der Steyler Missionare. Von hier wurden sie in alle Welt geschickt - getragen vom Leitspruch ihres Gründers Arnold Janssen:

Ertragen wir mit Geduld, was wir nicht ändern können, und arbeiten wir stets auf das hin, was das Bessere und Vollkommenere ist bei Gott."

Arnold Janssen

6. Januar 1878: Erste Ausgabe Stadt Gottes

Von Beginn an setzte der Steyler Missionsorden auf die Verbreitung religiöser Schriften. Arnold Janssen suchte nach Wegen, den Missionsgedanken bekannt zu machen, Gleichgesinnte zu erreichen und Spenden zu sammeln. 1877 bot ein holländischer Verleger an, Bilder aus der „Katholieke Illustratie“ für den deutschen Sprachraum bereitzustellen – die Steyler lieferten die Texte dazu. So entstand 1878 die Zeitschrift Die heilige Stadt Gottes, später stadtgottes, produziert in Steyl. Als Nachfolger erscheint heute das Magazin ‚Leben jetzt' als älteste katholische Monatszeitschrift im deutschen Sprachraum.

 

2. März 1879: China

Die ersten Missionare werden nach China entsendet.

1889: Argentinien

Die Steyler Missionare gründen eine Niederlassung in Argentinien – der Beginn eines bis heute andauernden Engagements.

26. April 1889: Sankt Gabriel

Der Grundstein für das Missionshaus Sankt Gabriel in Wien wird gelegt.

8. Dezember 1889: Gründung der Steyler Missionsschwestern

Arnold Janssen gründet die Gemeinschaft der Dienerinnen des Heiligen Geistes (SSpS = Servae Spiritus Sancti).

1892: Aufbau in Togo

Auf Einladung Bismarcks fand 1884/1885 die sogenannte Kongo-Konferenz statt, die zur Aufteilung Afrikas unter den europäischen Staaten in Kolonien führte. Dem Deutschen Reich fiel unter anderem Togo zu. Deutsche Missionare vor Ort waren vom Reich gewollt. 1892 kamen die Steyler nach Togo, fünf Jahre später folgten die Steyler Missionsschwestern. Sie bauten Schulen und Kirchen, gaben medizinische Hilfe, setzten sich für Frieden und Gerechtigkeit ein – so sehr, dass ein Mitbruder ausgewiesen wurde, weil er gegen die Schikanen der Kolonialbeamten gegenüber Einheimischen protestierte. Mit dem Ersten Weltkrieg mussten die Steyler Togo verlassen. Erst 1974 kehrten sie zurück. Bis heute helfen sie in Togo - mit sauberem Wasser und nachhaltiger Infrastruktur.

1895: Brasilien und USA

Missernten und Arbeitslosigkeit zwangen im 19. Jahrhundert mehrere Millionen Deutsche zur Auswanderung in die USA. Um diese Wirtschaftsflüchtlinge als Leser fürdie „Stadt Gottes“ zu gewinnen, reiste Bruder Wendelin Meyer SVD 1895 in den Norden des Landes. Bald wurde ihm klar, dass die durch Rassismus ausgegrenzte afroamerikanische Bevölkerung im SüdenAmerikas dringend die Unterstützung der Steyler Missionare brauchte, und schrieb deshalb an Arnold Janssen. 1905 wurde Pater Aloysius Heick als Seelsorger für die schwarze Bevölkerung nach Merigold, Mississippi, geschickt. Die Mission scheiterte am Rassismus. Der Legende nach musste Heick fliehen, nachdemer einen weißen Mann daran gehindert hatte, einen schwarzen Jungen auszupeitschen. Heick soll sich in einem Sarg vor dem Ku-Klux-Klan versteckt und so in Sicherheit gebracht haben. In Vicksburg, Mississippi, wohin er im folgenden Jahr aufbrach, hatte er hingegen Erfolg. Dort wurden mehrere schwarze Gemeinden der Steyler Missionare gegründet.

1896: Neuguinea

Kaiser-Wilhelmsland – so hieß die deutsche Kolonie im Norden von Neuguinea. Die ersten katholischen Missionare, die dorthin reisten, waren Steyler. Im Gepäck: ein in Steyl angefertigtes, zerlegbares, doppelstöckiges Holzhaus, das als Wohnstätte dienen sollte. Schon bald bauten die Missionare Schulen und Internate für die einheimischen Kinder. Doch welche Sprache sollte unterrichtet werden? In den Klassen saßen Kinder mit verschiedenen Lokalsprachen – über 800 existieren in Neuguinea. Und Deutsch erschien zu schwer. Arnold Janssen erwog, die Kunstsprache „Volapük“ unterrichten zu lassen. Letztlich wurde dann doch Deutsch als Unterrichtssprache eingeführt; nur Religion wurde in indigenen Sprachen vermittelt. Die Missionare erstellten eigene Wörterbücher der indigenen Sprachen. Für diese sprachwissenschaftlichen Leistungen sind die Steyler weltweit bekannt.

8. Dezember 1896: Gründung der Steyler Anbetungsschwestern

Arnold Janssen gründet die Gemeinschaft der Steyler Anbetungsschwestern  Dienerinnen des Heiligen Geistes von der ewigen Anbetung" (SSpSAP = Congregatio Servarum Spiritus Sancti de Adoratione perpetua), auch bekannt als Rosa Schwestern".

1. November 1897: Juye Vorfall

Am 1. November 1897 besuchten die Steyler Missionare Richard Henle und Franz Xaver Nies ihren Mitbruder Georg Maria Stenz in dessen Haus im Dorf Zhang Jia nahe der Stadt Juye. Kurz nach dem Schlafengehen brachen 20 bis 30 bewaffnete Männer in das Haus ein und töteten sie. Eigentlich waren sie gekommen, um Stenz umzubringen, den sie jedoch nicht finden konnten. Der Mord wurde dem Geheimbund der „Boxer“ zugeschrieben, die gegen den Einfluss christlicher Missionare kämpften. Politisch kam diese Tat Kaiser Wilhelm II. sehr gelegen. Er nutzte sie als Vorwand, um am 14. November 1897 mit Kriegsschiffen die Kiautschou-Bucht zu besetzen und damit in China eine deutsche Kolonie zu etablieren. Übrigens: Im Missionsmuseum in Steyl sind die blutbefleckten Gewänder der Ermordeten zu sehen.

1900: Australien
28. Januar 1908: Tod von Freinademetz

Im Alter von 56 Jahren stirbt Pater Josef Freinademetz in Taikiachwang, China.

15. Januar 1909: Tod von Janssen

Arnold Janssen stirbt in Steyl. Er wurde 72 Jahre alt.

1909: Philippinen

Die Steyler Missionare gründen in Bangued, Abra, ihre erste Niederlassung auf den Philippinen und legten damit den Grundstein für ihre langjährige Präsenz in der Region . Heute setzen sie sich in Cebu in den Müllsiedlungen aktiv dafür ein, die Lebensbedingungen tausender Menschen zu verbessern – durch gesundheitliche Aufklärung, psychosoziale Begleitung und Unterstützung in Bildung und Kinderbetreuung .

1913: Indonesien

Die Steyler nehmen ihre Arbeit in Indonesien auf und engagieren sich zunächst in Bildung und Seelsorge. Heute setzen sie sich unter anderem auf der Insel Flores für Frauen und Mädchen ein, die Opfer häuslicher oder sexueller Gewalt wurden – mit Schutzräumen, Therapieangeboten und neuen Zukunftschancen.

3. Oktober 1913: Missionspriesterseminar Sankt Augustin

Das Missionspriesterseminar in Sankt Augustin bei Bonn wird gegründet. Zahlreiche Institutionen sind hier noch immer angesiedelt, so auch die Redaktion von Leben jetzt'.

29. April 1933: Fu-Jen-Universität

Papst Pius XI. überträgt den Steylern  die Leitung der Fu-Jen-Universität in Peking.

23. Mai 1934: Schwarze Priester in den Staaten

Der Rassismus im Süden der USA machte auch vor der Kirche nicht halt. Bis ins 20. Jahrhundert durften Schwarze kein Priesterseminar besuchen. Die Steyler wollten das unbedingt ändern. 1914 baten sie den zuständigen Bischof um Erlaubnis, ein Ausbildungshaus für Schwarze zu bauen. Der Wunsch wurde abgelehnt. Erst 1919 stimmte der Bischof zu, nachdem die Steyler ihm vorgeschlagen hatten, dass die von ihnen ausgebildeten Seelsorger nicht Diözesanpriester, sondern Steyler Missionare werden sollten. 1920 wurde das Seminar ins Leben gerufen und wechselte 1923 nach Bay Saint Louis. Es waren die Steyler, die 1934 in den USA die ersten afroamerikanischen Priester weihten: Anthony Bourges, Maurice Rousseve, Francis Wade und Vincent Smith. Bis heute sind die Steyler in den USA aktiv, Zentrale und Missionsprokur befinden sich in Techny, Illinois.

29. Oktober 1939: Erster chinesischer Steyler wird Bischof

Papst Pius XII. weiht den ersten chinesischen Steyler zum Bischof, der später erster asiatischer Kardinal wurde - Thomas Kardinal Tien Ken-sin SVD.

November 1944: In den Kellern von Steyl

Die Steyler Missionare und Missionsschwestern öffnen während des Zweiten Weltkriegs ihre Klosterkeller in Steyl. Rund 200 Menschen finden dort 100 Tage lang Schutz vor Bombenangriffen und Verfolgung, darunter auch sogenannte „Untergetauchte“. Weihnachten feiern sie in den Kellern – unter Granatfeuer und in Eiseskälte.

1943: Kriegsverbrechen vor Papua-Neuguinea

Selbst Papua-Neuguinea war Schauplatz des Zweiten Weltkriegs: Die Nordküste wurde von den Japanern besetzt. Die dort lebenden und arbeitenden Steyler Missionare und Missionsschwestern hätten nach Australien fliehen können, doch sie wollten die Menschen nicht im Stich lassen. Am 15. März 1943 wurden katholische und evangelische Mitglieder verschiedenster Missionsorganisationen, aber auch Zivilisten und Kinder an Bord des japanischen Kriegsschiffes Akikaze verfrachtet – angeblich um sie in ein Internierungslager zu bringen. Zwei Tage später dann das Kriegsverbrechen: Ein Gefangener nach dem anderen wurde durch Schüsse hingerichtet. Keiner wurde verschont – auch die Kinder nicht. Unter den 62 Getöteten waren 21 Steyler Missionare: ein Bischof, sechs Priester, 14 Brüder und 18 Missionsschwestern.

1948 - 1994: Gründung verschiedener Standorte

1948 - Hongkong/Taiwan

1950 - Kanada

1951 - Kongo

1962 - Mexiko und Kolumbien

1981 - Botswana

1982 - Bolivien

1984 - Südkorea

1989 - Kuba und Madagaskar

1994 - Russland und Ukraine

2000: Vivat International

„Gemeinsam für das Leben, die Würde und die Rechte.“ So lautet das Motto der Nichtregierungsorganisation (NGO) Vivat International, die von den Steyler Missionaren und Missionsschwestern im Jahr 2000 gegründet wurde. Dazu gehören insgesamt 13 Ordensgemeinschaften, deren Brüder, Schwestern und Priester in 120 Ländern mit Laien und anderen NGOs zusammenarbeiten. Vivat International setzt sich bei den Vereinten Nationen für Menschenrechte, Frieden, Armutsbekämpfung, Stärkung von Frauen, nachhaltige Entwicklung und Gerechtigkeit ein.

2001: Tansania

In Tansania engagieren sich die Steyler Missionare vor allem in der Pfarreiarbeit – derzeit sind dort zehn Patres im Einsatz oder in Ausbildung.

5. Oktober 2003: Heiligsprechung von Janssen und Freinademetz

Arnold Janssen und Josef Freinademetz werden heilig gesprochen.

2003 - 2018: Gründung weiterer Standorte

2003- Tschad

2003 - Südafrika

2012 - Südsudan

2018 - Bangladesch

2018 - Myanmar

Der Dienst am Menschen geht weiter: Unermüdlich setzen sich die Steyler für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung ein.

Mehr spannende Texte über die Arbeit der Steyler in aller Welt lesen Sie in unserer Zeitschrift

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